1805 - Sand-Silberscharte (Jurinea cyanoides) | FFH-Arten in RLP

Steckbrief zur Art 1805 der FFH-Richtlinie

Sand-Silberscharte (Jurinea cyanoides)

Gruppe:

Pflanzen

Merkmale:

Die Sand-Silberscharte ist eine mehrjährige krautige Pflanze aus der Familie der Korbblütengewächse. Aus einer grundständigen Blattrosette mit spinnwebartig behaarten Blättern, die später kahl werden, erhebt sich der meist 25 bis 45 Zentimeter hohe aufrechte Spross. Dieser ist weißfilzig behaart. Zur Blütezeit zwischen Juli und September trägt die Pflanze vorwiegend einzeln stehende kugelige Blütenköpfe aus purpurvioletten Röhrenblüten.

Lebensraum:

Jurinea cyanoides ist ein kontinentales Florenelement mit Verbreitungszentrum in den Steppen- und Halbwüstengebieten Mittelasiens. Sie bevorzugt sommerwarme Klimalagen und nährstoffarme, zeitweise oberflächlich austrocknende Böden. Als Pionierpflanze besiedelt sie basen-, bisweilen auch kalkreiche offene Sandflächen von Dünen und Schwemmsanden und auch sandige lichte Kiefernwälder. Die Sand-Silberscharte ist eine charakteristische Pflanzenart des Filzscharten-Blauschillergrasrasens (Jurineo-Koelerietum).

Biologie und Ökologie:

In günstigen Lebensräumen bildet Jurinea cyanoides lockere Polster aus vielen Rosetten.

Durch ein bis zu 2,5 Meter tief reichendes Wurzelsystem gelangt die Pflanze in trockenen Lebensräumen auch an die tiefer liegenden feuchten Bodenschichten. Unterirdische Triebe können zu Ablegern eines Individuums heranwachsen.

Neben der vegetativen Vermehrung durch Wurzelsprosse pflanzt sich die Sand-Silberscharte durch Samen fort, die durch den Wind verbreitet werden. Die Bestäubung der Blüten erfolgt durch Insekten. Es bilden sich nur relativ kurze Zeit keimfähige Samen, die entweder direkt im Anschluss an die Samenreife oder erst im folgenden Frühjahr auskeimen.

Verbreitung in Rheinland-Pfalz:

Der Rhein bildet die Westgrenze des Verbreitungsgebietes dieser Art, deren kleines Verbreitungsareal in Mitteleuropa etwa 700 Kilometer vom osteuropäisch-asiatischen Hauptareal entfernt ist.

Die wenigen zerstreuten Vorkommen in Deutschland sind teilweise individuenarm.

Von den ehemaligen Vorkommen auf Sandfeldern und trockenen Hügeln in der Oberrheinischen Tiefebene sind aktuell nur noch Restvorkommen im Kalkflugsandgebiet Mainz-Ingelheim vorhanden.

Gefährdungen:

Seit den frühen 70er Jahren des 20. Jahrhunderts ist ein sehr starker Rückgang der Sand-Silberscharte zu verzeichnen. Ursache der Zerstörung der Vorkommen sind unmittelbare Flächenverluste durch Bau- und Bodengewinnungsaktivitäten sowie die Ausdehnung von Spargelanbauflächen und Obstbaumplantagen und die Aufforstung der Standorte.

Wegen der Spezialisierung der Art auf offene nährstoffarme Lebensräume in Sandtrockenrasen oder an vergleichbaren Wuchsorten ist eine Nährstoffanreicherung geeigneter Standorte und angrenzender Flächen, insbesondere durch Stickstoff, für den Jurinea-Bestand ebenso gefährlich wie deren Zuwachsen durch konkurrenzstärkere Arten, auch infolge Nutzungsaufgabe.

Weitere Gefährdungsfaktoren sind bodennahe mikroklimatische Veränderungen und intensive Freizeitaktivitäten jeder Art.

Schutzmaßnahmen:

Zum Erhalt der Sand-Silberscharte sind die Sicherung der aktuellen Vorkommen (als Schutzgebiete) und ein an die Ansprüche der Art angepasster Managementplan vordringlich. Ein weiterer Rückgang der Vorkommen infolge Sukzession oder Inanspruchnahme der Wuchsorte durch Bebauung oder Sandabbau ist zu vermeiden.

Geeignete Pflegemaßnahmen, die dem Zuwachsen von Silberscharten-Lebensräumen entgegenwirken, wie auch eine Fortführung traditioneller Nutzungsformen, zum Beispiel Schafbeweidung, können den Erhalt dieser Art sichern helfen.

Literatur:

Beil, M.; Zehm, A. (2006): Erfassung und naturschutzfachliche Bewertung der hessischen Vorkommen von Jurinea cyanoides (L.) Rchb. (FFH-Anhang-II-Art). Natur und Landschaft 81(4): 177-184.

Elsner, O. (2001): Das LIFE-Projekt "Sicherung und Entwicklung des Bestandes von Jurinea cyanoides (L.) Rchb. in den Sandgrasheiden bei Volkach" zum Schutze der Sand-Silberscharte und ihrer Lebensräume. Sammelwerk Artenhilfsprogramme: 175-186.

Elsner, O. (2001): Sand-Silberscharte (Jurinea cyanoides). In: Fartmann, T.; Gunnemann, H.; Salm, P.; Schröder, E.: Berichtspflichten in Natura 2000-Gebieten. Angewandte Landschaftsökologie 42: 102-107.

Hegi, G. (1929): Illustrierte Flora von Mittel-Europa. Mit besonderer Berücksichtigung von Deutschland, Österreich und der Schweiz. Bd. VI, 2. Hälfte. J.F. Lehmann Verlag, München.

Korneck, D. (1974): Xerothermvegetation in Rheinland-Pfalz und Nachbargebieten. Schriftenreihe für Vegetationskunde 7. 196 pp.

Petersen, B.; Ellwanger, G.; Biewald, G.; Hauke, U.; Ludwig, G.; Pretscher, P.; Schröder, E.; Ssymank, A. (Bearb.) (2003): Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000. Ökologie und Verbreitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland. Bd.1: Pflanzen und Wirbellose. Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 69/1. Bundesamt für Naturschutz, Bonn (Hrsg.): 111-116.

Reiser, B. (2001): Neuschaffung und Entwicklung von Sandmagerrasen im Rahmen des LIFE-Projektes "Sicherung und Entwicklung der Sandsilberscharte (Jurinea cyanoides) in den Sandgrasheiden bei Volkach". Forschung und Naturschutz in Sandlebensräumen. Tagungsband: 30-33.

Sebald, O.; Seybold, S.; Philippi, G.; Wörz, A. (1996): Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs. Band 6: Spezieller Teil (Spermatophyta, Unterklasse Asteridae) Valerianaceae bis Asteraceae. 577pp. Ulmer, Stuttgart.

Stand: 08.07.2014