Kiefern-Mistel (Viscum album subsp. austriacum [WIESB.] VOLLM ...
Kiefern-Mistel (Viscum album subsp. austriacum [WIESB.] VOLLM ...
Kiefern-Mistel (Viscum album subsp. austriacum [WIESB.] VOLLM ...
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Veröff. Mus. Westlausitz Kamenz 25 Kamenz 2004 51–60<br />
<strong>Kiefern</strong>-<strong>Mistel</strong> (<strong>Viscum</strong> <strong>album</strong> <strong>subsp</strong>. <strong>austriacum</strong> [<strong>WIESB</strong>.] <strong>VOLLM</strong>.) auf<br />
Europäischer Fichte (Picea abies [L.] KARST.) in der Radeburger Heide<br />
(Landkreis Meißen)<br />
Einleitung<br />
MATTHIAS SCHRACK & NORMAN DÖRING<br />
Der letzte sächsische Verweis zum Vorkommen der <strong>Kiefern</strong>-<strong>Mistel</strong> auf der Fichte liegt mehrere Jahrzehnte<br />
zurück (MILITZER & SCHÜTZE 1952, MILITZER 1961). 2003 wurden in der Radeburger Heide neun<br />
misteltragende Fichten festgestellt. Aufgrund der Seltenheit des Vorkommens der <strong>Kiefern</strong>-<strong>Mistel</strong> auf<br />
dem Wirtsbaum Fichte wird im Folgenden darüber berichtet. Dabei ist auch dem gehäuften Auftreten<br />
der <strong>Kiefern</strong>-<strong>Mistel</strong> auf der Wald-Kiefer (Pinus sylvestris L.) an den Wuchsorten Beachtung beizumessen.<br />
Für die forstabteilungsbezogene Erfassung misteltragender Fichten und Jung-<strong>Kiefern</strong> im Zeitraum<br />
August bis Oktober 2003 wird D. BITTERKLEID, D. OPITZ und E. STEUER gedankt. Die höhere Naturschutzbehörde<br />
beim Regierungspräsidium Dresden erteilte eine Ausnahmegenehmigung für die <strong>Mistel</strong>erfassung<br />
im Kronenbereich einer Fichte im NSG „Waldmoore bei Großdittmannsdorf“, die dankenswerterweise<br />
P. REUSSE durchführte.<br />
Zur Verbreitung der <strong>Kiefern</strong>-<strong>Mistel</strong><br />
Die <strong>Kiefern</strong>-<strong>Mistel</strong> hat in Ostdeutschland ihren Verbreitungsschwerpunkt in Brandenburg, Sachsen-<br />
Anhalt und Sachsen (BENKERT et al. 1998). In Brandenburg gilt sie als allgemein verbreitet, im nördlich<br />
angrenzenden Mecklenburg-Strelitz als verbreitet, in Sachsen und Sachsen-Anhalt als zerstreut<br />
vorkommend, in Thüringen als fehlend (HEGI 1981). Die <strong>Kiefern</strong>-<strong>Mistel</strong> ist eine bevorzugt auf Kiefer<br />
wachsende Unterart der <strong>Mistel</strong> (<strong>Viscum</strong> <strong>album</strong> [L.]) und ein Halbschmarotzer. Trotz der Dominanz<br />
der Kiefer in unseren Forsten ist sie seltener als die Unterart Laubholz-<strong>Mistel</strong> (<strong>Viscum</strong> <strong>album</strong> <strong>subsp</strong>.<br />
<strong>album</strong> [L.]) anzutreffen und konzentriert sich in ihrer Verbreitung auf den Bereich der <strong>Kiefern</strong>waldstandorte<br />
des Flachlandes (SCHMIDT 1989).<br />
Das Vorkommen der <strong>Kiefern</strong>-<strong>Mistel</strong> in der Radeburger und Laußnitzer Heide (MTB 4748/4) am SW-<br />
Rand des Naturraumes „Königsbrück-Ruhlander Heiden“ befindet sich in einer südwestlichen Grenzregion<br />
der Artverbreitung (vgl. HARDTKE & IHL 2000). Hier bilden u.a. die „Waldmoore bei Großdittmannsdorf“<br />
(Gemarkungen Großdittmannsdorf und Laußnitz) sowie das Vorranggebiet Natur und Landschaft<br />
„Töpfergrund in der Radeburger Heide“ (Gemarkung Radeburg) Schwerpunkte des <strong>Mistel</strong>vorkommens.<br />
Vorzugsflächen für die <strong>Mistel</strong> sind die naturnahen Tiefland-<strong>Kiefern</strong>-Fichten-Wälder auf feucht-kühlen,<br />
anmoorigen bzw. Moorstandorten. Trotz ähnlicher abiotischer Verhältnisse treten im NSG „Moorwald<br />
am Pechfluss bei Medingen“ misteltragende <strong>Kiefern</strong> nur vereinzelt auf.<br />
Eine auffällige Konzentration erreicht die <strong>Kiefern</strong>-<strong>Mistel</strong> in den Forstabteilungen (Abt.) 385 und 386 im<br />
Südteil des NSG „Waldmoore bei Großdittmannsdorf“, bis 1945 im Besitz des Rittergutes Boden. Nach<br />
RUHLAND (mdl., 1998) ließen die Rittergutsbesitzer keine Forsteinrichtung durchführen (DÖRING 1999b),<br />
51
so dass für beide Abt. Aussagen zur früheren Baumartenzusammensetzung fehlen. 1993 betrug der<br />
Baumartenanteil in der Abt. 385 ca. 68 % Kiefer und 17 % Fichte, in der Abt. 386 ca. 87 % Kiefer und<br />
9 % Fichte (DÖRING 1999b). Für die anderen Abt. des NSG ist das überdurchschnittliche Vorkommen der<br />
Baumarten Fichte und Kiefer bereits seit 400 Jahren archivalisch belegt. Ob die heute wachsenden <strong>Kiefern</strong><br />
und Fichten direkte Nachfahren der vor 400 Jahren hier stockenden Bäume sind, also ob während<br />
der gesamten Zeitspanne nur natürliche Verjüngung bzw. örtliches Saatgut zur Bestandesverjüngung<br />
bzw. -begründung diente, ließ sich auf der Grundlage alter Akten nicht feststellen.<br />
Als vorteilhaft für die Förderung des naturraumtypischen Tiefland-Fichten-<strong>Kiefern</strong>-Waldes und den<br />
Erhalt autochthoner <strong>Kiefern</strong>bestände von hoher Natürlichkeit erwies sich in der Laußnitzer Heide die<br />
historische Samendarre Laußnitz. 1822 erfolgte die Beantragung und Genehmigung des „Samen-<br />
Darrhauses“, dessen Betrieb bereits 1823 aufgenommen wurde. Erst 1958 wurde der Darrbetrieb<br />
nach 135 Jahren erfolgreicher Saatgutgewinnung eingestellt. In alten Unterlagen des Forstamtes<br />
Laußnitz ist nachzulesen: „Laut Forstverbesserungsanschlägen und Samenherkunftsverzeichnis<br />
stammen die vorhandenen <strong>Kiefern</strong>bestände bis zum Jahre 1899 von bodenständigen Samen der<br />
Darre Laußnitz ab.“ Vor 1822 stammte die Kiefer aus Naturverjüngungen und nach 1899 wurden<br />
Fremdherkünfte forstweise in Listen erfasst (Quelle: Ausstellung Samendarre Laußnitz).<br />
52<br />
Abb. 1:<br />
<strong>Mistel</strong>tragende Kiefer<br />
Im NSG „Waldmoore bei Großdittmannsdorf“<br />
und im Bereich der südlich<br />
daran anschließenden Hangwälder<br />
wächst die <strong>Kiefern</strong>-<strong>Mistel</strong> in großer<br />
Zahl auf der Wald-Kiefer. Während<br />
einzelne <strong>Mistel</strong>n durch die Entnahme<br />
von Nährsäften den Wirtsbaum kaum<br />
schädigen, kann massiver Befall zum<br />
Absterben einzelner Äste oder zu krebsartigen<br />
Veränderungen führen.<br />
(Foto: B. Umlauf, 25.06.2003)
Tabelle 1: Veränderung der prozentualen Baumartenanteile im NSG „Waldmoore bei Großdittmannsdorf“<br />
Abteilung<br />
373<br />
374<br />
375<br />
376<br />
377<br />
385<br />
386<br />
Jahr<br />
Prozentuale Anteile der Baumarten an den Abteilungsflächen<br />
Oberstand Unter- bzw. Zwischenwuchs<br />
Kiefer<br />
Fichte<br />
Birke<br />
Eiche<br />
Erle<br />
Aspe<br />
Faulbaum<br />
Eberesche<br />
1858 85,0 5,00 5,00 5,00<br />
1868 85,0 4,00 4,00 3,00 4,00<br />
1878 90,0 3,00 4,00 3,00<br />
1888 87,8 5,05 3,71 2,85 0,29 0,29<br />
1898 89,3 0,73 6,20 3,80 8,33<br />
1908 96,0 3,95 14,0 3,95<br />
1995 89,5 6,06 4,47 1,29 1,29 0,53<br />
1858 63,6 16,7 11,0 4,54 2,12 2,02<br />
1868 61,9 22,5 7,82 2,74 2,12 2,92 1,63<br />
1878 71,6 19,6 3,65 2,52 0,29 0,29 2,02 0,07<br />
1888 77,7 18,6 2,52 0,62 0,29 0,29 0,03 6,61<br />
1898 78,7 13,0 7,61 0,71 0,03 7,54 0,16 1,80<br />
1908 84,6 11,9 1,89 1,30 0,29 0,02 13,2 0,13<br />
1995 70,2 11,3 15,6 0,40 1,23 1,23 0,40 2,37<br />
1858 79,1 10,7 8,88 1,26<br />
1868 78,5 14,8 5,33 0,45 14,7<br />
1878 81,2 6,52 11,8 0,45 8,18<br />
1888 80,4 11,8 7,33 0,47 2,44 8,68 1,69<br />
1898 76,6 15,0 5,22 1,45 1,70 5,86 17,4<br />
1908 75,7 18,2 6,01 0,13 1,03 6,92 1,02<br />
1995 84,2 15,1 0,67 1,44 5,77<br />
1858 80,5 2,17 17,4<br />
1868 74,8 10,6 13,1 1,51 3,94<br />
1878 90,9 6,42 2,66 2,29<br />
1888 85,9 11,5 2,64 8,65<br />
1898 75,4 19,1 2,26 2,12 0,57 0,47 17,9 0,32<br />
1908 63,0 26,6 6,91 0,12 0,12 3,24 12,4 0,44<br />
1995 77,8 14,8 7,35 4,88 29,0 0,99<br />
1858 80,2 1,76 5,42 7,18 5,42<br />
1868 84,6 5,37 3,67 1,18 3,25 1,94<br />
1878 89,8 2,71 6,49 1,00 4,88<br />
1888 86,2 11,1 0,96 0,46 1,27 3,5<br />
1898 81,8 13,0 4,59 0,46 0,09 13,2 0,69<br />
1908 80,3 15,1 4,30 0,25 8,62 3,54<br />
1995 70,3 14,4 15,3 1,38 2,38 1,38<br />
1993 67,8 16,7 13,5 2,02 12,1<br />
1993 87,1 8,72 4,17<br />
Ahorn<br />
Lärche<br />
Robinie<br />
Weymouths-Kiefer<br />
Kiefer<br />
Fichte<br />
Eiche<br />
Birke<br />
Faulbaum<br />
53
Südlich angrenzend an das NSG „Waldmoore bei Großdittmannsdorf“ weist ein <strong>Kiefern</strong>-Waldsaum im<br />
Bereich der zum Tal der Großen Röder steil abfallenden trockenwarmen Kieshochflächen ein weiteres <strong>Mistel</strong>-<br />
Massenvorkommen auf. <strong>Mistel</strong>tragende <strong>Kiefern</strong> erreichen hier mit mehr als 50% Anteil am Baumbestand<br />
ihre höchste Dichte im untersuchten Gebiet mit einer überdurchschnittlich hohen Anzahl von <strong>Mistel</strong>n auf<br />
Einzelbäumen. Auf das Vorkommen misteltragender <strong>Kiefern</strong> in zahlreichen Feldgehölzen und Waldinseln trockenwarmer<br />
Standorte im südwestlich der Königsbrück-Ruhlander Heide angrenzenden LSG „Moritzburger<br />
Kleinkuppenlandschaft“ (Naturraum „Westlausitzer Hügel- und Bergland“, Gemarkungen Bärnsdorf, Berbisdorf,<br />
Großdittmannsdorf, Marsdorf, Volkersdorf und Weixdorf) sei vollständigkeitshalber verwiesen.<br />
Gemeinsam ist den Wuchsorten auf Moor und Torf sowie den trockenwarmen Steilhanglagen am SW-<br />
Rand der Radeburger Heide und in den extensiv genutzten Feldgehölzen/Waldinseln der Moritzburger<br />
Kuppenlandschaft, dass hier in der Vergangenheit meistens keine Kahlhiebe stattfanden, so dass sich<br />
die autochthone Wald-Kiefer immer wieder unter dem Schirm der Alt-<strong>Kiefern</strong> verjüngen konnte. Diese<br />
nur extensiv genutzten (Bauern-)Wälder haben sich seit Jahrhunderten ohne nachhaltigen Waldumbau<br />
durch den Menschen entwickelt. Das belegt DÖRING (1999a) für das NSG „Waldmoore bei Großdittmannsdorf“<br />
auf der Grundlage von Archivmaterial seit Mitte des 19. Jahrhunderts, wobei seither auch<br />
das Mischungsverhältnis Kiefer – Fichte weitgehend gleich blieb (Tabelle 1).<br />
Gewöhnlich findet man die <strong>Mistel</strong>n an Ästen und Zweigen im Kronenbereich. Davon abweichend wächst<br />
in der Abt. 374 (vgl. Karte) eine <strong>Mistel</strong> direkt aus dem astlosen Stamm einer Kiefer mit einem Brusthöhendurchmesser<br />
(BHD) von ca. 25 cm (Abb. 2). Ihre Wuchshöhe über den Waldboden beträgt 4 m, bis zu den<br />
ersten grünen Ästen im Kronenbereich beträgt der Abstand rund 10 m. Die <strong>Mistel</strong> hat einen Durchmesser<br />
von ca. 40 cm. Der relativ lichte und etwa 50jährige <strong>Kiefern</strong>bestand enthält Beimischungen einzelner<br />
Birken. Den Unterstand bildet Naturverjüngung von Kiefer, Fichte und stellenweise Eiche.<br />
Zum Vorkommen der <strong>Kiefern</strong>-<strong>Mistel</strong> auf jungen <strong>Kiefern</strong><br />
Nach SCHMIDT & KLAUSNITZER (2001) ist die <strong>Kiefern</strong>-<strong>Mistel</strong> im Freistaat Sachsen in <strong>Kiefern</strong>beständen<br />
(selbst jüngeren Altersklassen) häufiger geworden und in Ausbreitung. Bei der Erfassung misteltragender<br />
Fichten wurde deshalb auch auf Jung-<strong>Kiefern</strong> mit <strong>Mistel</strong>n geachtet. In Tabelle 2 sind die<br />
Nachweise von SCHRACK zusammengefasst. Die Waldflächen I bis III sind von lichten <strong>Kiefern</strong>beständen<br />
in trockenwarmen (Steil-)Hangbereichen mit einer reichlichen, jedoch schlechtwüchsigen<br />
Naturverjüngung der Kiefer bewachsen. Das Baumalter beträgt etwa 16 bis 20 Jahre. Außerdem<br />
fand DÖRING in einer 30- bzw. 40jährigen Aufforstung im Ostteil der Abt. 375 (Laußnitzer Heide,<br />
Gemarkung Laußnitz) ein zerstreutes Vorkommen der <strong>Kiefern</strong>-<strong>Mistel</strong> (Waldfläche IV, vgl. Karte).<br />
Sämtliche Flächen befinden sich in den unteren Hangbereichen eines bewaldeten Kiesrückens. Weitere<br />
misteltragende Jung-<strong>Kiefern</strong> wurden in den kontrollierten Abt. nicht gefunden.<br />
Tabelle 2: Nachweis misteltragender Jung-<strong>Kiefern</strong><br />
Anteil misteltragender Alt-<br />
<strong>Kiefern</strong> im Oberstand<br />
Anzahl der misteltragenden<br />
Jung-<strong>Kiefern</strong><br />
Anzahl der <strong>Mistel</strong>n auf der<br />
Jung-Kiefer/BHD (in cm)<br />
54<br />
Waldfläche I Waldfläche II Waldfläche III<br />
> 50% > 80% > 50%<br />
8 31 10<br />
Je Baum eine <strong>Mistel</strong>/<br />
BHD 1 x 2,5; 4 x 4; 2 x 5; 1 x 6<br />
15/8; 8/9; 6/7; 6/6; 5/4,5;<br />
5/8; 4/3,5; 4/4,5; 4/7;<br />
4/8; 3/2,5; 3/4; 3/5; 3/10;<br />
2/3,5; 2/3,5; 2/8; 1/3,5;<br />
1/4; 1/4,5; 1/4,5; 1/4,5;<br />
1/5; 1/5,5; 1/6; 1/6,5; 1/7;<br />
1/9; 1/9; 1/10; 1/11<br />
5/7,5; 3/7; 2/8; 2/4; 1/2;<br />
1/5; 1/6; 1/6,5; 1/7,5;<br />
1/8,5
Abb. 2:<br />
Fruchtende <strong>Mistel</strong> am <strong>Kiefern</strong>stamm<br />
<strong>Mistel</strong>n wachsen gewöhnlich an saftführenden Nährästen<br />
und -zweigen. Davon abweichend hat sich im NSG<br />
„Waldmoore bei Großdittmannsdorf“ die abgebildete<br />
<strong>Mistel</strong> direkt am astfreien Stamm einer Kiefer entwickelt.<br />
(Foto: W. Kürner, 09.11.2003)<br />
Abb. 3: <strong>Mistel</strong> auf Jung-Kiefer – Begünstigt durch das massenhafte Auftreten der <strong>Kiefern</strong>-<strong>Mistel</strong> auf<br />
<strong>Kiefern</strong> im Oberstand weisen im untersuchten Gebiet einzelne Waldbereiche einen hohen Anteil<br />
15- bis 20jähriger <strong>Kiefern</strong> mit bis zu 15 <strong>Mistel</strong>n auf. (Foto: B. Umlauf, 25.06.2003)<br />
55
Zum Vorkommen der <strong>Kiefern</strong>-<strong>Mistel</strong> auf Fichten<br />
In ROTHMALER (2002) findet sich der Hinweis auf bevorzugte Wirtsbäume: „Überwiegend auf <strong>Kiefern</strong>, selten<br />
auf Fichte“. HEGI (1981) schreibt, dass sich die <strong>Kiefern</strong>-<strong>Mistel</strong> „bisweilen auch auf der Fichte“ findet. Das<br />
Auftreten der <strong>Kiefern</strong>-<strong>Mistel</strong> auf der Fichte ist offenbar sehr selten, so dass es nur wenige Hinweise in der<br />
Literatur gibt. MILITZER & SCHÜTZE (1952) verweisen auf ein solches sächsisches Vorkommen der <strong>Kiefern</strong>-<strong>Mistel</strong><br />
im Kreis Bautzen auf Fichten und schreiben: „Zerstreut auf <strong>Kiefern</strong> im Heidewald; seltener auf Fichten: Picho,<br />
Schmoritz.“. MILITZER (1961) präzisiert diese Aussage zur <strong>Kiefern</strong>-<strong>Mistel</strong>: "Nur selten sind Vorkommen auf<br />
Fichte bekannt geworden. Bautzen: an der Schmoritz und dem Picho um 1890 (Rost.)." Die bewaldeten Berge<br />
Schmoritz (412 m NN) und Picho (499 m NN), auf denen M. ROSTOCK (Lehrer in Dretschen bei Bautzen)<br />
bereits Ende des 19. Jahrhunderts misteltragende Fichten nachwies, befinden sich SW bzw. SO von Bautzen<br />
im Naturraum "Westlausitzer Hügel- und Bergland". HARDTKE & IHL (2000) nennen wegen fehlender aktueller<br />
Nachweise für Sachsen nur die Kiefer als Wirtsbaum. Umfassende Untersuchungen in Brandenburg und Berlin<br />
entlang einer 5648 km langen Kartierungsstrecke ergaben ausschließlich Nachweise der <strong>Kiefern</strong>-<strong>Mistel</strong><br />
auf der Wald-Kiefer. Andere Wirtsarten wurden nicht vorgefunden (RECKER 2003).<br />
Der aktuelle Nachweis von neun misteltragenden Fichten (Tabelle 3 und Karte) erfolgte in der Radeburger<br />
Heide im sächsischen Tiefland in einer Höhenlage von 160 m NN. Sieben dieser Bäume (1-7)<br />
fand SCHRACK im Südteil des NSG „Waldmoore bei Großdittmannsdorf“. Zwei weitere misteltragende<br />
Fichten (8, 9) entdeckte D. OPITZ im Töpfergrund Radeburg. Vermutlich ist das gehäufte Auftreten der<br />
<strong>Kiefern</strong>-<strong>Mistel</strong> in ihrer Umgebung ein begünstigender Faktor dafür, dass in Einzelfällen auch die Fichte<br />
als Wirtsbaum genutzt wird. Es handelt sich um Vorzugsstandorte der Fichte auf anmoorigen Waldböden<br />
bzw. im Übergangsbereich zu den trockenwarmen Kiesterrassen.<br />
(1) <strong>Mistel</strong>tragende Fichte in Abt. 386<br />
Die Alt-Fichte erscheint im Stamm- und Kronenbereich vital. In einem Umkreis von etwa 15 m ist sie von<br />
weiteren älteren Fichten (Reinbestand) umgeben, daran schließen sich Mischbestände von Fichte, Kiefer,<br />
Birke, Stiel-Eiche, Eberesche und Faulbaum an. Am 23.05.2003 kontrollierte P. REUSSE den Kronenraum der<br />
Fichte. Im Ast- und Stammbereich der Krone wachsen zehn große und bis zu 30 junge <strong>Mistel</strong>pflanzen. Am<br />
Fichtenstamm befindliche <strong>Mistel</strong>n wiesen daumenstarke Stämmchen auf, an den Fichtenzweigen wird diese<br />
Stärke nicht erreicht. Die am nächsten stockende misteltragende Kiefer steht in ca. 14 m Entfernung.<br />
(2) <strong>Mistel</strong>tragende Fichte in Abt. 385<br />
Die Fichte mit einer rundkugeligen <strong>Mistel</strong> im Wipfel steht unmittelbar am Rand des mesotroph-sauren<br />
Zwischenmoores im westlichen Bereich des Moor-Abflussgrabens. Zwischen Fichte (2) und (3) beträgt die<br />
Entfernung ca. 20 Meter. Der Baum ist von weiteren Fichten umgeben und weist eine schmale, schlecht<br />
ausgebildete Krone auf. Die Entfernung zur nächsten misteltragenden Kiefer beträgt etwa acht Meter.<br />
(3) <strong>Mistel</strong>tragende Fichte im Flurstück 967 der Gemarkung Großdittmannsdorf<br />
Standort der Fichte ist im östlichen Bereich des Moor-Abflussgrabens. Sie weist drei große <strong>Mistel</strong>n im Kronenraum<br />
auf, eine davon im oberen Wipfel. In der Umgebung stockt ein <strong>Kiefern</strong>-Fichten-Stieleichenwald, im<br />
Unterholz Faulbaum und Eberesche. Die Entfernung zur nächsten misteltragenden Kiefer beträgt 10 m.<br />
(4) <strong>Mistel</strong>tragende Fichte im Flurstück 967 der Gemarkung Großdittmannsdorf<br />
Die Fichte steht westlich des Moor-Abflussgrabens am Waldrand außerhalb des NSG. Vom Boden aus sind<br />
zwei größere <strong>Mistel</strong>n im Kronenbereich zu erkennen. Der Wuchsort befindet sich in einem <strong>Kiefern</strong>-Fichten-<br />
Bestand mit Verjüngung von Stiel-Eiche, Birke und Eberesche. Die Entfernung zur nächsten misteltragenden<br />
Kiefer beträgt etwa acht Meter.<br />
(5) <strong>Mistel</strong>tragende Fichte in Abt. 386<br />
Wächst etwa 27 m entfernt von Fichte (1) und weist eine schmale Ausbildung der Krone auf. Ca. 10 Meter<br />
entfernt nächste misteltragende Kiefer.<br />
56
(6) <strong>Mistel</strong>tragende Fichte in Abt. 386<br />
Vier <strong>Mistel</strong>n erreichen einen Durchmesser von mehr als 40 cm. Der <strong>Mistel</strong>bewuchs reicht bis nahe an<br />
die Baumspitze. Umgeben von pfeifengrasreichem <strong>Kiefern</strong>-Fichtenwald mit kräftiger Fichten-Naturverjüngung.<br />
<strong>Mistel</strong>tragende <strong>Kiefern</strong> stehen unmittelbar daneben.<br />
(7) <strong>Mistel</strong>tragende Fichte in Abt. 386<br />
Pfeifengras- und adlerfarnreicher <strong>Kiefern</strong>-Fichtenbestand. Zur Fichte 6 beträgt die Entfernung etwa 23 m.<br />
(8) <strong>Mistel</strong>tragende Fichte in Abt. 4<br />
Die Fichte wächst an einem temporär wasserführenden Graben in einem adlerfarn- und pfeifengrasreichen<br />
<strong>Kiefern</strong>-Birken-Fichten-Altholz mit kräftiger Naturverjüngung der Fichte und einzelnen Jung-Eichen<br />
und Faulbäumen. Ca. 27 m beträgt die Entfernung bis zur nächsten misteltragenden Kiefer.<br />
(9) <strong>Mistel</strong>tragende Fichte in Abt. 24<br />
Die Fichte mit einer prächtig entwickelten, rundkugeligen <strong>Mistel</strong> etwa 1 m unter der Baumspitze steht<br />
relativ einzeln in einem adlerfarnreichen <strong>Kiefern</strong>-Fichten-Bestand oberhalb eines Quellmoores. Die Entfernung<br />
zur nächsten misteltragenden Kiefer beträgt etwa 10 Meter.<br />
Tabelle 3: Beschreibung der misteltragenden Fichten<br />
Fichte 1 Fichte 2 Fichte 3 Fichte 4 Fichte 5<br />
Anzahl der <strong>Mistel</strong>n bis 40* 1 3 2 3<br />
Feuchte- und Nährkraftstufe<br />
lt. Forstlicher Standortskarte<br />
Baumarten am Wuchsort im<br />
Oberstand<br />
Unterstand<br />
Brusthöhendurchmesser des<br />
Stammes (in cm)<br />
frischer Standort,<br />
ziemlich<br />
arm<br />
Fichte<br />
-<br />
organischer<br />
Nassstandort,<br />
ziemlich arm<br />
Kiefer, Fichte<br />
Birke, Eiche<br />
organischer<br />
Nassstandort,<br />
ziemlich arm<br />
Kiefer, Fichte,<br />
Stiel-Eiche<br />
Eberesche, Faulbaum<br />
mittelfrischer<br />
Standort, mäßig<br />
nährstoffhaltig<br />
Kiefer, Fichte<br />
Stiel-Eiche,<br />
Birke, Eberesche<br />
frischer Standort,<br />
ziemlich<br />
arm<br />
Fichte, Kiefer<br />
Fichte<br />
50 35 28 45 28<br />
Fichte 6 Fichte 7 Fichte 8 Fichte 9 Fichte 10<br />
Anzahl der <strong>Mistel</strong>n > 10 3 1 1 4<br />
Feuchte- und Nährkraftstufe<br />
lt. Forstlicher Standortskarte<br />
Baumarten am Wuchsort im<br />
Oberstand<br />
Unterstand<br />
Brusthöhendurchmesser des<br />
Stammes (in cm)<br />
frischer Standort,<br />
ziemlich<br />
arm<br />
Kiefer, Fichte<br />
Fichte, Faulbaum<br />
frischer Standort,<br />
ziemlich<br />
arm<br />
Kiefer, Fichte<br />
Fichte, Faulbaum<br />
(dauer-) feuchter<br />
mineralischer<br />
Nassstandort,<br />
ziemlich arm<br />
Kiefer, Fichte,<br />
Birke<br />
Fichte<br />
(dauer-) nasser<br />
mineralischer<br />
Nassstandort,<br />
mäßig nährstoffhaltig<br />
Kiefer, Fichte<br />
Kiefer, Fichte<br />
48 70 52 30<br />
* Ermittlung der Anzahl von <strong>Mistel</strong>n durch P. REUSSE im Kronenraum, alle anderen mit Fernglas vom Boden aus.<br />
siehe Seite 60<br />
57
a b<br />
Abb. 4a: <strong>Mistel</strong>tragende Fichte im NSG „Waldmoore bei Großdittmannsdorf“ (Fichte 6)<br />
Abb. 4b: <strong>Mistel</strong>tragende Fichte im Töpfergrund Radeburg (Fichte 9)<br />
Die Fichten wachsen in einem feucht-kühlen Waldbereich mit einem natürlichen Vorkommen<br />
der Kiefer und Fichte. Offensichtlich begünstigt der hohe <strong>Mistel</strong>befall der Wald-<strong>Kiefern</strong> im<br />
Umfeld das Vorkommen der <strong>Mistel</strong> auf Fichten. (Fotos: W. Kürner, 20.09.2003)<br />
Hinweise zur Erfassung misteltragender Fichten<br />
Bevorzugt sollte auf misteltragende Fichten geachtet werden<br />
– im natürlichen Verbreitungsgebiet von Kiefer und Fichte in Kaltluftsenken etwas tieferer Lagen und<br />
auf kühlfeuchten Standorten des Lausitzer Flachlandes (z.B. Tiefland-<strong>Kiefern</strong>-Fichten-Wald),<br />
– in Waldbereichen, die einen höheren Anteil <strong>Kiefern</strong> (misteltragend) mit einem Bestands- bzw.<br />
Baumalter von mehr als 50 Jahren aufweisen und in denen Fichten stocken.<br />
Gegenüber dem einfachen Nachweis der <strong>Kiefern</strong>-<strong>Mistel</strong> in den lichten Kronen der lockeren <strong>Kiefern</strong>bestände ist<br />
dies bei Fichten schwieriger. Meist stehen sie eng beisammen, so dass der Kronenbereich nicht gut einsehbar<br />
ist. Zudem erschwert die tiefe und dichte Beastung der Fichten die Sicht auf <strong>Mistel</strong>n im oberen Baumabschnitt.<br />
Für den Nachweis misteltragender Fichten erscheint deshalb besonders geeignet der Zeitpunkt<br />
– vor dem Wiedereintritt der Belaubung der Laubbäume und des Maiaustriebes bei Fichten (November<br />
bis April),<br />
– des Abfallens eines Teiles der <strong>Mistel</strong>blätter im Spätherbst, die sich auf dem Waldboden gut nachweisen<br />
lassen.<br />
– des Fruchtens, weil im Januar/Februar viele der im November/Dezember gereiften <strong>Mistel</strong>beeren<br />
auf dem Fichten-Nadelboden liegen.<br />
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Literatur<br />
BENKERT, D.; FUKAREK, F. & H. KORSCH (Hrsg.) (1998): Verbreitungsatlas der Farn- und Blütenpflanzen<br />
Ostdeutschlands. – Gustav Fischer Jena, Stuttgart, Lübeck, Ulm: 615 S.<br />
DÖRING, N. (1999a): Das NSG „Waldmoore bei Großdittmannsdorf“ - vegetationskundliche Untersuchungen<br />
und naturschutzfachliche Bewertungsaspekte. – Dipl.-Arbeit, TU Dresden: 100 S. und Anlagen.<br />
DÖRING, N. (1999b): Zur Wald- und Forstgeschichte der NSG „Waldmoore bei Großdittmannsdorf” und<br />
„Moorwald am Pechfluß bei Medingen” – In: SCHRACK, M. (Hrsg.) (1999): Waldmoore und Moorwälder<br />
in der Radeburger und Laußnitzer Heide. – Veröff. Mus Westlaus. Kamenz, Tagungsband: 159-174.<br />
HARDTKE, H.-J. & A. IHL (2000): Atlas der Farn- und Samenpflanzen Sachsens. – Landesamt Umwelt<br />
Geologie (Hrsg.): 806 S.<br />
HEGI, G. (1981): Illustrierte Flora von Mitteleuropa, Bd. III, Teil 1. – Verlag Paul Parey Berlin, Hamburg:<br />
504 S.<br />
MILITZER, M. (1961): Veränderungen in der Flora der Oberlausitz und der nördlichen CSSR. – Abh. Ber.<br />
Naturkundemus. Görlitz 37 (1): 43-56.<br />
MILITZER, M. & T. SCHÜTZE (1952): Die Farn- und Blütenpflanzen im Kreise Bautzen. – Létopis, Jahresschr.<br />
Inst. Sorb. Volksforsch., Sonderh., Teil 1 (1952): 319 S.<br />
RECKER, W. (2003): Beitrag zur <strong>Mistel</strong>verbreitung in Brandenburg und Berlin. – Natursch. Landschaftspfl.<br />
Brandenburg 12 (1): 20-27.<br />
ROTHMALER, W. (2002): Exkursionsflora von Deutschland, Bd. 4, Gefäßpflanzen: Kritischer Band. – Spektrum<br />
Akad. Verlag Heidelberg; Berlin: 948 S.<br />
SCHMIDT, P. A. (1989): <strong>Mistel</strong>n – Gehölze auf Gehölzen. – Beitr. z. Gehölzkunde: 35-44.<br />
SCHMIDT, P. A. & U. KLAUSNITZER (2001): Die Baum- und Straucharten Sachsens – Charakterisierung und<br />
Verbreitung als Grundlagen der Generhaltung. – Sächs. Landesanst. Forsten, Schriftenr. 24: 104 S.<br />
Anschrift der Verfasser<br />
Matthias Schrack<br />
Hauptstraße 48a<br />
OT Großdittmannsdorf<br />
D - 01471 Radeburg<br />
Norman Döring<br />
Hechtstraße 127<br />
D - 01127 Dresden<br />
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Manuskript eingereicht am 25.09.2003<br />
Fundmeldung nach Redaktionsschluss:<br />
Im Jahr 2003 wurden u.a. die Forstämter Laußnitz und Moritzburg sowie die Teilnehmer des 4.<br />
NABU-Regionaltreffens der Region Lausitz gebeten, auf misteltragende Fichten zu achten. Inzwischen<br />
liegt eine Fundmeldung von Herbert SCHNABEL vor, der am 06.02.2004 am Jesorteich Oppitz<br />
(Forstabt. 142 a6 im Revier Hermsdorf, Landkreis Bautzen, Naturraum "Oberlausitzer Heide- und<br />
Teichgebiet") auf einer etwa 27 m hohen Alt-Fichte vier <strong>Kiefern</strong>-MIsteln entdeckt. Der Wuchsort<br />
der Fichte besteht aus einem 97 Jahre alten, lichten <strong>Kiefern</strong>-Altholz mit einzelnen gleichwüchsigen<br />
Fichten (Guido JAHN, Revierleiter Forstrevier Hermsdorf/Spree mdl. Mitt.). Aus Naturverjüngung<br />
hervorgegangene, ungleichaltrige Fichten prägen den Unterstand.<br />
M. Schrack