«Hautkeime sind schlimmer als das Gift»

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Spinnenbiss in Kaiseraugst AG«Hautkeime sind schlimmer als das Gift»

In Kaiseraugst AG wurde eine Frau von einer hochgiftigen Dornfinger-Spinne gebissen. Laut Experten ein äusserst seltener Vorfall.

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Eine Frau aus Kaiseraugst AG befürchtet, von einer Dornfinger-Spinne gebissen worden zu sein. Die Spinne gilt als eine der giftigsten Europas. «Resultat: geschwollener Nacken», schreibt sie auf Facebook. Das Tier habe sich auf ihrer Regenjacke eingenistet und habe zugebissen, als sie sie anziehen wollte.

«Solche Vorfälle sind äusserst selten», sagt Spinnenexperte Angelo Bolzern von Arachnodet.com. Zum einen sei der Dornfinger vor allem in wärmeren Breitengraden heimisch, zum anderen überschneide sich der Lebensraum der nachtaktiven Spinne kaum mit dem des Menschen.

Weiter habe es das Tier nicht auf Menschen abgesehen: «Den Dornfinger kann man anfassen. Die Spinne beisst meist nur dann zu, wenn sie gequetscht wird oder eine Bedrohung für ihre Brut wahrnimmt», so Bolzern.

Wie gefährlich ist das Gift der Spinne?

Während ein Dornfinger-Biss sicher nichts Angenehmes ist, ist das Gift der Spinne «grundsätzlich nicht lebensbedrohlich», betont Bolzern. Das liege daran, dass das Toxin für die Jagd auf Insekten abgestimmt ist, die beim Dornfinger zuoberst auf der Speisekarte stehen.

Viel gefährlicher seien hingegen die Bakterien, die auf der eigenen Haut leben. «Sie sind an unsere Körpertemperatur angepasst und können zu einer Infektion führen», so Bolzern. Während sie auf der Haut nützlich seien, könnten sie im Kreislauf grossen Schaden anrichten. Darum rät der Spinnenexperte, Bisse von Spinnen und Stiche von Insekten zu desinfizieren.

Die grössere Gefahr lauert auf der Haut

Besonders gefährlich sein können bestimmte Stämme von Streptokokken-Bakterien, die natürlich auf unserer Haut lebten. «Verglichen damit ist das Gift der Spinne harmlos», sagt Hugo Kupferschmidt, Direktor von Tox Info Suisse. Geraten diese in einer grösseren Menge in den Kreislauf, können sie zu einer Blutvergiftung führen.

«Bei einem Insektenstich oder Spinnenbiss ist die Menge an Hautkeimen, die ins System gelangen jedoch meist so klein, dass das Immunsystem ohne weiteres damit fertig wird», hält Kupferschmidt fest.

Spinnenbisse würden in der Regel keinen Arztbesuch erfordern – mit zwei Ausnahmen: Erstens, wenn innert fünf bis zehn Minuten Anzeichen für eine allergische Reaktion auftreten und zweitens, wenn die Symptome um die Bissstelle in einem Zeitraum von 24 Stunden schlimmer werden.

Breitet sich der Dornfinger wegen des Klimawandels bei uns aus?

Angelo Bolzern glaubt nicht, dass das vereinzelte Auftreten der Spinne in der Schweiz allein dem Klimawandel geschuldet ist. «Die Spinne gibt es hier schon länger», sagt er. Zum gleichen Schluss kommt das Fact-Checking-Portal Mimikama.at. Die Art sei bereits in den 1940er Jahren auf einer Ostseeinsel nachgewiesen worden.

Was soll man machen, wenn man doch einen Dornfinger zuhause findet?

«Man kann die Spinne mit Glas und Papier einfangen und draussen aussetzen», rät Bolzern. Sollte man gebissen werden und wissen wollen, was für eine Spinne es war, solle man das Exemplar zu einem Experten bringen. Nur dieser könne es zweifelsfrei bestimmen.

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